Anastasia Derenko

Zu meinen liebsten Kindheitserinnerungen gehört folgendes Bild: Es ist gegen halb 7 Uhr morgens, ich bin noch nicht lange wach. Ich renne mit einer Schüssel Borschtsch in den Händen die alte Treppe des Plattenbaus nach unten zu meinen Schützlingen - den Straßenkätzchen. Diese versorge ich dreimal täglich mit Essensresten aus Oma’s Küche. Eingekuschelt in alte Kleidung in Kartons warten sie schon voller Vorfreude auf mich.

Mein Wille zu Helfen formte sich also schon früh. In veränderter Form begleitete er mich durch meine Kindheit und später durch meine Jugend: meine Teenager-Couch war der liebste Ort meiner Freunde, wenn es darum ging Wege aus Krisen zu finden. Die Freude, die denjenigen im Gesicht stand, wenn sie einen Aha-Moment erlebten, war ganz meinerseits.
 
Als 2017 ein naher Angehöriger schwer erkrankte, war ich selbst plötzlich auf einfühlsame Unterstützung angewiesen und sah mich gezwungen, meine Muster zu reflektieren. Als die Person wenige Jahre später Suizid beging, geriet meine bis dahin funktionierende Welt völlig aus den Fugen. Ich war plötzlich mit eigenen unterdrückten Gefühlen von Traurigkeit und Wut konfrontiert. Rauskommen durften sie nicht: mein “innerer Soldat” trieb mich unermüdlich zum Funktionieren an. Auf keinen Fall wollte er in Zeiten der Trauer auf möglichst perfekte Resultate und die gewohnten Helfer-Qualitäten verzichten. Plötzlich stand ich in jungem Alter selbst "kurz vor dem Burnout".
 
Auf meinem Weg musste ich große Entwicklungsprozesse durchlaufen und weiß, wie wertvoll Reflexion und Veränderungsbereitschaft sein können. Ich durfte lernen, wie wichtig Selbstempathie für alle Lebensthemen ist. Dass das Wahrnehmen eigener Bedürfnisse und Gefühle kein Luxus ist, sondern eine sehr wichtige Voraussetzung für Krisenbewältigung und schließlich für ein erfülltes Leben.
 
In der Coaching-Ausbildung lernte ich, die Prozesse, durch die ich zuvor gegangen bin, einzuordnen und zu verstehen. Ich lernte viel über meine eigenen Grenzen und darüber, wie sich “bewusstes Helfen” anfühlt. So kann ich Menschen in schwierigen Lebenssituationen besser unterstützen. So bringe ich nicht nur eine lebensverändernde Selbsterfahrung mit, sondern auch die methodische Kompetenz.